Mit einem Anteil von 7,4% leben in Deutschland die meisten queeren Personen in Europa. Trotzdem ist Deutschland im Vergleich zu Ländern wie Irland oder Schweden Nachzügler was die Rechte und den Schutz von Queeren betrifft.
Zwar wurde am 1.Oktober 2017 endlich die Ehe auch für Paare zugelassen, die nicht heterosexuell sind, doch gibt es noch viel zu tun, um in Deutschland von einer Gleichberechtigung und einer Gleichbehandlung zu sprechen.
So dürfen Männer*, die Sex mit Männern* haben (kurz MSM) beispielsweise in Deutschland immer noch nicht Blut- und Organspender* werden.
Als Grund wird die hohe HIV Gefahr, die bei MSM angeblich bestehe genannt.
Doch ist schon lang bewiesen, dass Aids keine Krankheit ist, von der nur MSM betroffen sind. Zudem muss jede Blut- und Organspende nach der Spende ausreichend auf Krankheiten wie HIV untersucht werden.
Im Fall von Blut- und Organspenden handelt es sich um ein Relikt aus nicht lang vergangenen Zeiten, doch die Regierung weigert sich, dieses Verbot aufzuheben, obwohl Blut- und Organspenden so wichtig sind. Denn immer wieder beklagen sich Kliniken und Erste Hilfe Einrichtungen über zu wenig Spenden und geplante, lebenswichtige Operationen müssen oft verschoben werden.
Auch für transidente Menschen mangelt es an gesetzlicher Gleichstellung. Zwar hat nach dem Grundgesetz Art. 2 jeder Mensch das Recht, seine Persönlichkeit frei zu entfalten, doch müssen Trans*idente durch das Transsexuellen Gesetz einen langen, psychisch stark belastenden Weg auf sich nehmen, um rechtlich als die Person anerkannt zu werden, die sie sind. Durch lange Wartezeiten bei Therapeut*innen und Ämtern wird der Prozess, bei dem Betroffene immer wieder beweisen müssen, unter welchem Leidensdruck sie stehen, noch unnötig in die Länge gezogen. Der Alltagstest und das für die Namens- und Personenstandänderung nötige Gerichtsverfahren sorgen nur für mehr psychischen Druck, welcher unter anderem dazu beiträgt, dass Transidente bis zu 22 mal häufiger von Suizid(-Gedanken) betroffen sind als CIS Menschen. Nicht-binäre transidente Personen, die den Wunsch zur körperlichen Angleichung haben sind rechtlich gar nicht anerkannt.
Intergeschlechtliche Menschen haben im Gegensatz zu nicht-binären transidenten Personen zwar die Möglichkeit, in Urkunden die Zeile männlich/weiblich frei zu lassen, doch auch sie scheinen nicht unter den Grundgesetz Art. 2 zu fallen. Erst seit 2013 werden intergeschlechtliche Neugeborene nicht mehr zwangsangeglichen, doch Eltern können immer noch darüber Entscheiden, ob sie ihr intergeschlechtliches Kind geschlechtsändernden Operationen unterziehen wollen. Diese Operationen, die durchgeführt werden, um soziale Ausgrenzung und ein angebliches erhöhtes Krebsrisiko vorzubeugen führen bei den Betroffenen zu lebenslanger Abhängigkeit von Medikamenten und psychischen Erkrankungen wie Dysphorie und Depressionen.
Ein weiterer Faktor, der zur hohen Depressionsrate unter queeren Personen beiträgt ist die soziale Ablehnung, die viele queere Menschen auf Grund ihrer Identität ein Leben lang begleitet. Doch oft entsteht diese Ablehnung nicht durch Hass gegenüber Queeren sondern aus Unwissenheit. Denn in Schulen wird zwar weitgehend über Heterosexualität aufgeklärt, nicht bzw. kaum aber über andere sexuelle Orientierungen, Intergeschlechtlichkeit und Transidentität. Besonders unter Jugendlichen gilt „schwul“ immer noch als Beleidigung und von Intergeschlechtlichkeit und Transidentität haben viele noch nie etwas gehört. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele mit Abneigung reagieren, wenn sie zum ersten mal eine queere Person treffen. Wenn die Bildungsministerien auch Aufklärung über Queere für die Sexualerziehung einplanen würden, würde maßgeblich gegen die soziale Ausgrenzung und Diskriminierung von queeren Personen beigetragen werden.
Dies sind nur ein paar Beispiele, die zeigen, dass Queere in Deutschland immer noch nicht rechtlich und gesellschaftlich gleichgestellt sind. Zwar sind einige Schritte zur Gleichberechtigung schon getan, doch gibt es noch viele Baustellen in der Gesetzgebung.
Wenn jede Spende zählt, warum zählt nicht dann auch die von queeren Männern*?
Wenn jeder Mensch das Recht auf freie Entfaltung hat, warum müssen sich Transidente dieses Recht bei einem jahrelangen Prozess erkämpfen?
Und warum bekommen Intergeschlechtliche von diesem Recht nichts zu spüren?
Deshalb fordern wir, das Blutspendegesetz zu Gunsten von Männern, die Sex mit Männern haben zu reformieren, das Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen, Intergeschlechtliche selbst über ihren Körper bestimmen zu lassen und Aufklärung über Queere Identitäten und Intergeschlechtlichkeit Bundesweit in Lehrpläne aufzunehmen.
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